Die Kunst, sich selbst zu organisieren – Agentursoftware – Teil 1

Agentursoftware Teil 1

Am Anfang ist das Agenturleben noch idyllisch. Angebote werden mit div. Word-Anwendungen, Rechnungen unter Zuhilfenahme von Excel und Konsorten erstellt. Dazwischen liegt viel Freiheit und nur wenig Dokumentationszwang. Organisation findet maximal in der Mailbox durch die Unterscheidung in „gelesen“, „ungelesen“, „erledigt“ und vielleicht noch „super wichtig“ statt.

Mit zunehmender Unternehmens- und Projektgröße ist es jedoch gerade aus kaufmännischer Perspektive unvermeidbar, zusätzliche Strukturen und Automatismen zu schaffen, die den organisatorischen Aufwand vermindern und Zeit für Produktives (= Verrechenbares) schaffen. Die Rede ist von der Implementierung eines ERP-Systems oder in unserem speziellen Fall, der Einsatz einer Agentursoftware.

Mit meiner Blog-Serie „Die Kunst, sich selbst zu organisieren“ verfolge ich daher mehrere Ziele:

  1. einen Einblick in unsere Organisations-Strukturen geben bzw. zeigen, wie wir diese weiterentwickeln und flexibler gestalten
  2. unseren Integrationsweg der Agentursoftware eines Drittanbieters dokumentieren und so für andere einen Anhaltspunkt bieten, wenn bei ihnen der „Point of no return“ erreicht ist
  3. auf wichtige Problemstellungen eingehen, die bei der ein oder anderen Entscheidung unbedingt berücksichtigt werden müssen.

Es war einmal

Es ist kein Geheimnis, dass Agenturen heute mehr denn je gefordert sind, eine Vielzahl von Projekten zu managen und dabei gleichzeitig sowohl für interne als auch externe Ansprechpartner:innen die richtigen Informationen zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen. Während „klassische“ Werbe-Agenturen auf Grund ihrer Personalstruktur hier mit dem kaum zu bändigenden Chaos der Kreativabteilung zu kämpfen haben, gesellt sich bei Online-Marketing-Agenturen eine technische Komponente durch den Einsatz verschiedenster
Web-Technologien hinzu.
In jedem Fall gilt: Je komplexer das Projekt, desto höher der Projekt-Dokumentationsbedarf.

DARTH VADER, Sith project manager: "I'm here to put you back on schedule."

Zur Abwechslung mal ein Bild mit Star Wars Bezug

Zu den diversen operativen Projektaufgaben gehören allerdings auch administrative Tätigkeiten, die per se nicht essentiell für den Projekterfolg aus Kundensicht, jedoch ausgesprochen wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg der Agentur sind. Sei es durch gesetzliche Rahmenbedingungen oder durch organisatorische Strukturen. Komplizierter kann man es wohl nicht umschreiben, gemeint ist: „Die Rechnung schreibt sich nicht von alleine.“

Das heißt… es wäre schön, wenn sie es täte. In diesem Sinne geht der Trend zunehmend in Richtung Einsatz zusätzlicher Tools, die einem den Alltag erleichtern sollen. So ziemlich jede Agentur setzt hier zu Beginn auf kostengünstige Open Source Tools (z.B. zur Zeiterfassung), was im historischen Wachstum mitunter zu einem richtigen Wildwuchs unterschiedlicher Tools führt, in denen Informationen zum Teil redundant erfasst werden.

Dem folgt dann zwangsläufig eine Harmonisierungsphase, in denen unnötige Anwendungen aussortiert und erste Synergien bei der Vernetzung dieser Tools erschlossen werden. Ein Problem bleibt in der Regel jedoch immer bestehen: während es für die Entwicklung sowie das operative Projektmangement eine Reihe von Tools gibt, welche den Alltag für beide Abteilungen erleichtern, so ist die Verknüpfung zwischen den beiden (speziell der administrative Bereich) in vielen Lösungen bestenfalls rudimentär implementiert.

Anforderungen an eine Agentursoftware

Speziell Online-Marketing-Agenturen sind mit ihrem hervorragenden Entwicklungs-Know-How schnell dazu verleitet, Zeit in die Entwicklung einer eigenen Lösung zu investieren. Diese fungiert zu Beginn als Schnittstelle zwischen den wichtigsten Tools, verfolgt aber das Ziel, in weiterer Folge zunehmend Funktionalitäten zu übernehmen. Getreu dem Motto: Ein System für alles. Dazu lohnt sich eine kleine Übersicht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) derjenigen Funktionen, die eine solche Lösung übernehmen kann/soll.

  1. Stammdaten-Verwaltung: Hier geht es um jede Information, die an irgendeiner Stelle (wieder) nützlich werden kann. Beginnend bei Adressen über Preislisten, Zahlungskonditionen bis hin zur Buchhaltungs Ebene, wenn in jedem zweiten Satz das Wort Debitor, Kreditor, Aufwands- oder Erlöskonto vorkommt.
  2. CRM: Wenn man sich schon die Mühe macht, Adressen sauber innerhalb einer Agentursoftware zu pflegen, wäre eine Funktionalität nützlich, welche eine (Mehrfach-)Zuordnung entlang des Kunden-Lebenszyklus und darüber hinaus ermöglicht sowie es erlaubt, schnell eine Filterung nach verschiedenen Kriterien vorzunehmen.
  3. New-Business: Nachdem in der Stammdaten-Verwaltung die Möglichkeit zur Hinterlegung von Stundensätzen für verschiedene Leistungen möglich sein soll, wäre die wünschenswerte Konsequenz, auf vordefinierte Standardangebote zugreifen zu können, damit man nicht wie in Word jedesmal von vorne seine Textkonserven zusammensuchen und kopieren muss.
  4. Projektmanagement: Aus diesem Angebot sollte möglichst automatisiert ein Projekt mit all den daraus resultierenden Todos für alle betroffenen Abteilungen erstellt werden können. Wichtigste Features sind hier zum einen die Notwendigkeit, die Projektkommunikation nachvollziehbar und mit wenig Aufwand dokumentieren zu können. Projektfiles in einer logischen Ordnerstruktur zu verknüpfen und zu verwalten sowie zu jeder Zeit einen Projektstatus anhand von verschiedenen Kennzahlen ablesen zu können. Weitere Projektmanagement-Tools wie die Erstellung von Zeitplänen runden die Funktionalität der Agentursoftware ab. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Zuordnung und Bewertung von Eigen- und Fremdkosten.
  5. Zeiterfassung: Das wichtigste Messinstrument zur Erfassung der eigenen Leistung. Mit einer guten Stundenerfassung steht und fällt jede Agentursoftware. Denn je mühsamer es ist, desto weniger oft und gern wird sie aufgerufen. Je länger man mit dem Erfassen einer Stunde wartet, desto ungenauer wird die Stundenerfassung. Maximale Usability ist hier gefordert. Schwierig, so gibt es doch unterschiedliche Zugänge und verschiedenste Menschen, welche unterschiedliche Varianten bevorzugen.
  6. Abrechnung: Die Rechnung soll sich von alleine schreiben können. Sofern es bereits ein Angebot, darauf aufbauendes Projekt sowie erfasste Stunden gibt, spricht nichts dagegen. Interessant wird es mit unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten. Anzahlungen, Teilzahlungen, regelmäßige Abrechnungen. Monatlich, im Quartal, jährlich. Stornos, Gutschriften, Sammelrechnungen.
  7. Ressourcenplanung: Eine der schwierigsten Fragen im Projektmanagement ist die Frage der Auslastung. Manchmal hat man Glück und die Projektdichte bewegt sich im idealen Bereich. Viel häufiger hat man aber allerdings mehr als genug zu tun, denn neben den einigermaßen planbaren Umsetzungsprojekten gibt es auch noch die genauso wichtigen Wartungsprojekte, die sich nicht immer verlässlich planen lassen. Dazu kommen diverse Urlaubspläne und dann wären da auch noch interne Projekte, die man schon die längste Zeit vernachlässigt hat. Ab einer gewissen Unternehmensgröße hat man die Auslastung aller Kollegen nicht mehr vor Augen, wodurch es unvermeidlich dazu kommen kann, dass ein Kollege in Arbeit ertrinkt, während der andere sich fragt, womit er sich übermorgen beschäftigen soll.
  8. Buchhaltung: Sie wird sehr oft stiefmütterlich behandelt. Quasi das unvermeidliche Übel. Wird gerne auslagert. Dabei werden zumindest auf Steuerberaterseite keine Aufwände gescheut. Das heißt, bis die erste Honorarnote kommt. Oder die erste Wirtschaftsprüfung. Spätestens dann fängt man an, sich etwas intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen. Eine gute Agentursoftware bietet hier im Idealfall eine Schnittstelle, welche zumindest die vorhandenen Belege (Eingangs- und Ausgangsrechnungen) mit den korrekt hinterlegten Stammdaten in ein Format konvertiert, das alle Buchungssätze in der Datenbank des Steuerberaters automatisiert erstellt und so viel Zeit und damit Geld erspart.
  9. Reporting: Mit der großflächigen Integration von Arbeitsprozessen in eine Systemlösung ist es naheliegend, die vorhandenen Daten in aufschlussreichen Reports zu verarbeiten. Angefangen von einfachen, projektbezogenen Profitabilitätsrechnungen soll es am Ende des Tages möglich sein, Overheadkosten abzubilden und so den tatsächlichen Unternehmenserfolg projektübergreifend darzustellen. Außerdem gibt es weitere Erfolgskennzahlen, die in unterschiedlichen Situationen interessant werden könnten.
  10. Knowledgebase: Innerhalb einer Agentur eignet sich jeder Mitarbeiter Spezialwissen zu der ein oder anderen Problemstellung an. Damit dieses Wissen auch von anderen genutzt werden kann, soll eine Knowledgebase zur Sammlung und Ordnung von Informationen dienen, die Zeit sparen und den Arbeitsalltag erleichtern können.
  11. Bugtracking/Issue-Management: Diese Funktionalität ist dem technischen Charakter einer Online-Marketing-Agentur geschuldet. Für ein optimales Qualitätsmanagement hat sich in der Praxis der Einsatz sogenannter Issue-Tracker durchgesetzt, in denen Todos mit verschiedenen Kriterien erstellt und in verschiedenen Stadien abgearbeitet werden können.
  12. Contentplanung: Gerade im Social Media Bereich ist man gefordert, schnell auf Themen reagieren zu können, aber dennoch einen Plan im Großen und Ganzen zu verfolgen, der im Vorfeld recherchiert, definiert und abgearbeitet wird.
  13. Zugangsdaten: Ebenfalls ein Novum im Online-Bereich ist das Handling sensibler Daten (Zugänge zu Backends, Zahlungsschnittstellen, Mailkonten, etc.), die es wert sind, besonders geschützt zu werden.

Betrachtet man nun die Vielzahl und den Umfang dieser Funktionen, erscheint es nicht überraschend, dass viele Agenturen versuchen, sich mit Einzellösungen durchzuschlagen. Denn auch ohne die Definition von User-Stories (ev. Querverlinkung) ist bereits absehbar, dass sowohl eine hausinterne Entwicklung als auch der externe Zukauf einer umfassenden Lösung ein nicht unerhebliches Budget erfordert.

Point of no return

Bedingt durch das historische Wachstum von LIMESODA haben wir viele Jahre lang  eine Eigenlösung auf Access-Basis eingesetzt, die mithilfe eines Webinterfaces zur Projektverwaltung und Stundenerfassung mit unserem Issue-Tracker „Mantis“ verbunden war. Die Funktionalität bzw. Usability gestaltete sich dabei als simpel – immerhin war die Entwicklung an die damals übliche Vorgehensweise (z.B. bei der Abrechnung) gebunden.

Irgendwann hatten wir dann den Punkt erreicht, an dem uns eine Neu-Entwicklung unumgänglich erschien. Zu sehr hatten sich Arbeitsprozesse verändert. Zu sehr wurde wir mit der Usability in anderen Tools verwöhnt. Zu sehr hatte die Anzahl parallel eingesetzter Tools zugenommen. Also begannen wir von der Wiege weg anhand von User-Stories unser ideales Verwaltungstool zu entwickeln, mussten jedoch nach knapp einem Jahr feststellen, dass wir uns mit dem geplanten Aufwand, gemessen an der angepeilten Qualität verschätzt hatten. So aus dem Nähkästchen: für die von uns geplante Funktionalität im Bereich der Projektverwaltung und Abrechnung hätte der Aufwand lt. Kalkulation alleine mehrere tausend Entwicklungsstunden in Anspruch genommen. An dieser Stelle war für uns der Punkt erreicht, an dem wir den Einsatz einer umfassenden Drittanbieter-Lösung ernsthaft in Erwägung gezogen haben.

Von der Userstory zur fertigen Umsetzung

Von der Userstory zur fertigen Umsetzung

To be continued

Im nächsten Teil der Serie werde ich

  1. die von uns in Erwägung gezogenen Anbieter vorstellen
  2. die Vor- und Nachteile der jeweiligen Agentursoftware aus unserer Sicht hervorheben
  3. unsere Entscheidung für eine davon näher erläutern
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Kommentare

  • Toller Blog!
    Wirklich sehr gut zum Durchlesen

    Liebe Grüße
    Peter Schopf

    Antworten
  • Das ist aber ein ganz schön langer Urlaub ;-)

    Antworten
    • Hi,

      der Beitrag wird in den nächsten Tagen online gehen :)

      Antworten
  • David, der den Blogpost geschrieben hat, ist gerade auf Urlaub. Teil 2 ist aber schon in Arbeit! :-)

    Antworten
  • Wann kommt denn der zweite Teil? Der erste war ein guter Teaser, aber jetzt ma‘ Buter bei die Fische bzw. Lime bei die Soda …

    Bin gespannt, wie es weitergeht.

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